Sonntag, 15. November 2020

Schloss Solitude, Stuttgart | Allgemeines 15. November 1763: Auf der Solitude wird der Grundstein gelegt

Es war wohl ein ganz unspektakulärer Moment, als Herzog Carl Eugen von Württemberg am 15. November 1763 den Grundstein für die Solitude legte. Das „Hofdiarium“ bringt nur eine kurze Notiz: „Giengen Serenissimus zu dem neu angelegte Jagdt-Hauß, die Solitude genandt, allwo der Grund-Stein gelegt worden.“ Was zu einer der großartigsten Schöpfungen der spätbarocken Schlossbaukunst werden sollte, nahm im November 1763 offenbar ganz ohne große Feierlichkeiten seinen Anfang – und das bei einem Herzog, der Festen sonst ganz und gar nicht abgeneigt war.

 

DAS DATUM IN DEN HOFDIARIEN
Der Eintrag ist nur beiläufig, wird aber in der historischen Literatur als der Startpunkt für die Bauarbeiten für das neue Schloss auf der Anhöhe genommen. Ergänzt wird er von der Notiz, dass der Herzog zum neuen Bauwesen bei den fünf Eichen gefahren sei. Ein Jahr später heißt für den 11. November, dass Carl Eugen das erste Jubiläum der Gründung des Schlosses begangen habe: „Morgens um 5 Uhr gingen Serenissimus mit zerschiedenen Cavaliers auf die Solitude, nahmen das daselbstige Bauwesen welches tags zuvor 1. Jahr ganz Neue angelegt worden in höchsten Augenschein und erhoben sich sodann auf das in selbigem Refier abgehaltene Hasen Treibjagen.“ Rückblickend schreibt 1774 der Gerlinger Pfarrer Christian Ludwig Pfeilsticker: „Es hat seiner Hzgl. Durchlaucht (...) im Späthjahr 1763 gefallen, bei einer um diese Zeit auf demjenigen Platze, wo gegenwärtig die Solitude steht, gehaltenen Jagd den Entschluß zur Erbauung eines Jagdhauses auf dieser angenehmen und schönen Prospect in das Unterland darbietenden Gegend zu fassen“.

 

DEN HERZOG ZIEHT ES WEG VON DER RESIDENZ

Dass der Bauplatz der Solitude weit weg von den beiden Residenzschlössern in Stuttgart und Ludwigsburg lag und mitten in einem der bevorzugten Jagdgebiete des Herrschers, war eine Ansage: Carl Eugen war politisch frustriert, um es mit modernen Worten auszudrücken. Der sprunghafte und verschwenderische Herzog hatte in den letzten Jahren seine Gegner im Land – vor allem die selbstbewussten Landstände – so weit gegen sich aufgebracht, dass der Widerstand gegen seine Politik auch für einen absolutistischen Herrscher deutlich spürbar geworden war. Dass er nun ein neues Lustschloss zu seinem Hauptprojekt machte, war Programm – und dass er sich in den kommenden Jahren überwiegend hier in einem ganz eigenen höfischen Kosmos, fern der Regierungszentralen aufhalten sollte, war die Folge davon.

 

DAS LUSTSCHLOSS WÄCHST ZUM RIESENPROJEKT

Mit dem Baubeginn der Solitude nahm eine der umfangreichsten Bauunternehmungen des 18. Jahrhunderts in Südwestdeutschland ihren Anfang. Sofort setzten Planierungsarbeiten ein, die nicht nur das Schlossgelände betrafen: In der unerschlossenen Gegend musste man zugleich Zufahrtsstraßen anlegen, auf denen sich das Heer der Arbeiter bewegen und Baumaterial beigeschafft werden konnte. Erstaunlicherweise verzeichnen die Dokumente keine künstlerische Leitung für den Beginn der Arbeiten.

 

HERZENSPROJEKT DES HERZOGS

Das legt es nahe, dem Herzog eine führende Rolle beim Entwurf des Schlosses zuzuschreiben. Und tatsächlich hatte er, wie alle Fürsten seiner Zeit, auch Unterricht in den bildenden Künsten und der Architektur erhalten. Erst 1767 kam ein „Profi“ mit ins Team: der Hofarchitekt Philippe de La Guêpière. Er überarbeitete das Äußere des Hauptbaus und entwarf wesentliche Teile der eleganten und kostbaren Raumdekorationen. Der gesamte engere Hofstaat, bis hin zum Ensemble der herzoglichen Oper, hielt sich in den 1760er Jahren hier auf.

 

SCHNELLES WACHSTUM UND FRÜHES ENDE

Die Gartenpläne der Solitude hatten sich bis dahin schon entwickelt ins Gigantische. Der historische Plan – ein anschauliches Exemplar findet man heute auf einer Tafel am Waldrand hinter den Obstwiesen der Solitude – enthüllt die Größe nur dem genauen Blick: Das winzige Schlossgebäude muss man in den vielfältigen Labyrinthen, Seen, Ornamentbeeten und Baumpflanzungen aufmerksam suchen. Kaum vorstellbar ist, dass die ganze Pracht nur wenige Jahre genutzt wurde: Ab den 1770er-Jahren hieß das neue Bauprojekt des Herzogs Schloss Hohenheim. Heute liegt Schloss Solitude wieder in den weiten Wäldern des einstigen Jagdgebietes. Geblieben sind die zentralen Gebäude des Schlosses – und die Schönheit des Ortes, die die Solitude zum beliebten Ziel und Ausgangspunkt für Spaziergänge macht.

 

SERVICE UND INFORMATION

Wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ist Schloss Solitude bis mindestens 30. November 2020 geschlossen.

Für den Besuch der Außenanlagen gelten die Vorgaben der aktuellen Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg: Im öffentlichen Raum muss ein Mindestabstand zu anderen Personen von 1,5 Metern eingehalten werden.

 

Download und Bilder