Montag, 28. Oktober 2019

Schloss Solitude, Stuttgart | Allgemeines 30. Oktober: Philippe de la Guêpière, der Architekt der Solitude, stirbt

Am 30. Oktober 1773 starb Philippe de La Guêpière, der Architekt, der mit dem Neuen Schloss, mit Schloss Solitude und mit weiteren eindrucksvollen Bauten das Gesicht von Stuttgart und seiner Umgebung prägte. Herzog Carl Eugen ernannte den jungen französischen Baukünstler im Jahr 1752 zu seinem Hofbaumeister – und in dieser Funktion leitete er sämtliche großen Bauprojekte der Zeit. 1768 ging er zurück nach Paris, wo er am 30. Oktober 1773 starb. De la Guêpière war es, der in Südwestdeutschland mit seinen Bauten die Wende vom späten Barock zum Frühklassizismus einleitete. Schloss Solitude ist dafür ein besonders eindrucksvolles Beispiel. 2019 erinnern die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg in ihrem Themenjahr „Frankreich und der deutsche Südwesten" an den kulturellen Austausch zwischen den beiden Nachbarländern.

DER HOFBAUMEISTER DER GLANZZEIT

Philippe de La Guêpière absolvierte sein Studium an der Pariser Académie d’architecture. Bestens vertraut mit den aktuellen Pariser Tendenzen und den neuen, frühklassizistischen Architekturformen kam er 1752 nach Württemberg: Herzog Carl Eugen ernannte den noch nicht einmal 40-Jährigen Baukünstler direkt zum Hofbaumeister. Die erste Aufgabe war es, das riesige Projekt des Neuen Schlosses in Stuttgart voranzutreiben: Die enorme Schlossanlage stand aber unter keinem guten Stern, die Kosten wuchsen immer weiter – und so war diese neue Residenz noch unvollendet, als der Architekt Württemberg 16 Jahre später wieder verließ. Als Hofbaumeister betreute La Guêpière alle Bauprojekte des Herzogs. Zwischen 1757 und 1759 entwarf er etwa die Interieurs für das neue Privatappartement Carl Eugens im Residenzschloss Ludwigsburg. Die grandiosen Räume im späten Rokokostil gehören heute noch zu den Höhepunkten eines Besuchs im Ludwigsburger Schloss.

 

RÜCKZUGSORTE FÜR DEN HERRSCHER
Lustschlösser – das waren Bauprojekte, die Herzog Carl Eugen noch viel näher am Herzen lagen. Der festesfreudige Herrscher wünschte sich ein Lustschloss, das, entgegen dem strengen Hofzeremoniell in der Residenz, für Privatheit und Freiheit stehen sollte. Das Architekturtraktat des französischen Architekten Jacques-François Blondel (1705–1774), ein Standardwerk der zeitgenössischen Architektur, lieferte die Vorlage für die elegante Bauform des „Maison de Plaisance“. Blondel gilt als einer der bedeutendsten Architekturlehrer Frankreichs – und der württembergische Hofbaumeister Philippe de La Guêpière hatte bei ihm studiert. 1760 begann De La Guêpière mit dem Seeschloss Monrepos bei der alten Residenz in Ludwigsburg. Aber schnell wechselte die Begeisterung des Herzogs auf ein neues Projekt.

 

DIE SOLITUDE ENTSTEHT

Ab 1763 wuchs Schloss Solitude auf einer Höhe am Rande Stuttgarts, gelegen in einem der bevorzugten Jagdreviere des Herzogs. Weit genug weg von der Residenz in Ludwigsburg und von der alten Regierungshauptstadt Stuttgart sah er sein Lustschloss als Jagdsitz und Alternative zur offiziellen Residenz. Hofbaumeister de La Guêpière übernahm die Leitung eines Projektes, das bereits unter der ganz persönlichen Federführung von Herzog Carl Eugen begonnen und schnell ins Stocken geraten war. Der Architekt gab dem halbfertigen Rohbau seine feine frühklassizistische Form – im Äußeren wie im Inneren.

 

ELEGANZ DES FRÜHEN KLASSIZISMUS
Besonders eindrucksvoll lässt sich der hochelegante neue Stil im Marmorsaal und im Weißen Saal erkennen. Beide Räume zeigen, typisch für den Frühklassizismus, der sich im 18. Jahrhundert in Frankreich entwickelte und das Rokoko ablöste, schlichte Formen und die Adaption von antiken Vorbildern. Im Marmorsaal erkennt man die klassische Ausstattung sehr einfach, etwa an den Säulen, die an griechische Tempelbauten erinnern, aber auch an den antik wirkenden Wandreliefs.

 

DEUTSCH-FRANZÖSISCHES THEMENJAHR 2019

Philippe de La Guêpière verließ 1768 das Herzogtum, auch als eine Folge der Sparmaßnahmen, die nach Jahren der grenzenlosen Verschwendung dem württembergischen Herzog aufgezwungen worden waren. De La Guêpière kehrte zurück nach Frankreich. Er starb fünf Jahre später in Paris, am 30. Oktober 1773. Der Architekt ist einer von zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern aus Frankreich, die die Kultur in Südwestdeutschland über die Jahrhunderte immer wieder befruchteten und entwickelten. Daran erinnern die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg 2019 mit ihrem Themenjahr „Ziemlich gute Freunde. Frankreich und der deutsche Südwesten". In vielen Veranstaltungen in den Schlössern, Klöstern, Burgen und Gärten wird die gemeinsame Geschichte der beiden Nachbarn rechts und links des Rheins zum Erlebnis. Dabei reichen die Themen vom Mittelalter bis in die Gegenwart, von den Kriegen bis zu den grenzüberschreitenden Ehen und von der kulturellen Befruchtung bis zum guten Essen.

 

SERVICE UND INFORMATION
Schloss Solitude

Solitude 1

70197 Stuttgart

Telefon +49(0)7 11.69 66 99

info@schloss-solitude.de

Download und Bilder

Marmorsaal im Schloss Solitude

Bildnachweis

Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Günther Bayerl

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Herbst auf Schloss Solitude

Bildnachweis

Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Norbert Stadler

Technische Daten

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