Sonntag, 8. März 2020

Schloss Solitude, Stuttgart | Allgemeines Caterina Bonafini, fünf Jahre lang Herrin der Solitude. Zum Tag der Frauen am 8. März

Wer sich mit der Blütezeit von Schloss Solitude beschäftigt, kennt ihren Namen: Caterina Bonafini (1751-1826). Die Sängerin an der Hofoper war, als Herzog Carl Eugen glänzend Hof hielt auf Solitude, für einige Jahre die ständige Begleiterin des Fürsten – bis die spätere Franziska von Hohenheim die Herrschaft antrat. 1772 verschwand Caterina Bonafini vom Herzogshof. Eine glänzende Karriere auf den großen Bühnen der damaligen Opernwelt schloss sich für die Sopranistin an. Welchen Rang Caterina Bonafini hatte, nahm in Württemberg kaum jemand wahr – hier blieb sie die verflossene Mätresse. Zum Internationalen Tag der Frauen am 8. März wird an Caterina Bonafini, fünf Jahre lang die Herrin auf Schloss Solitude, erinnert.

ERSTE KARRIERESCHRITTE IN VENEDIG

Caterina Bonafini wurde 1751 im Städtchen Lendinara in Venetien geboren; 1826 starb sie in Modena. 1765 hatte sie ihr Bühnendebüt in Venedig, in der Stadt, die berühmt war für ihre vielen Opern und Theater. Die Familie hatte die begabte junge Sängerin wohl schon als Kind nach Dresden mitgenommen, wo sie ihre Ausbildung erhielt. Nun, 14-jährig, trat sie erstmals auf. Das war nicht unüblich: Die Primadonnen des 18. Jahrhunderts traten alle jung auf die Bühne. Der Winter 1766 wurde ihre erste erfolgreiche Opernsaison.

 

ENGAGEMENT IN WÜRTTEMBERG

In Venedig traf Caterina Bonafini viele Künstlerinnen und Künstler, die nach vorteilhaften Stellen Ausschau hielten. Am Ende des 17. Jahrhunderts war in Italien die Oper erfunden worden und jetzt, im 18. Jahrhundert, waren die italienischen Opernspezialisten ein Exportgut erster Güte. Die Höfe der deutschen Fürsten waren attraktiv – und der Hof des verschwenderischen Herzogs von Württemberg bot gute Chancen. Auch für die junge Sopranistin Caterina. Schon im April 1766, nach dem Abschluss ihrer ersten venezianischen Saison, zog sie nach Württemberg. Das Engagement sollte bis zum November gehen und sah die beträchtliche Gage von 1.000 Gulden vor.

 

FÜNF JAHRE LANG BEGLEITERIN DES HERZOGS AUF DER SOLITUDE

Herzog Carl Eugen, 1728 geboren, war zwar verheiratet mit Elisabeth Frederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth; die Ehe misslang aber so sehr, dass die Prinzessin bereits 1756 vom Hof geflohen war. Der Herzog entfaltete ein verschwenderisches Hofleben – und er reiste immer wieder gern mit großem Gefolge nach Venedig. Als er jetzt – vom Dezember 1766 bis zum Sommer 1767 – dorthin zog, brachte er seine Operntruppe mit. Bei diesem Aufenthalt muss Caterina Bonafini wohl seine Geliebte geworden sein. Ab jetzt begleitete sie ihn als Mätresse: bei den täglichen Aufenthalten auf der noch unfertigen Solitude, auf seinen ständigen „Landreisen“ im Herzogtum – und bei allen Jagdausflügen. Man weiß das aus dem Tagebuch des Freiherrn von Buwinghausen, einem Vertrauten des Herzogs, der immer bestätigt, dass „Mlle Bonafini“ mit von der Partie war.

 

EIN SOHN IN JAVA

1771 tauchte eine neue Frau auf der Solitude auf: Franziska von Leutrum. Als Franziska von Hohenheim wurde sie die Begleiterin des alternden Landesherrn. Caterina Bonafini erhielt eine stattliche Jahrespension von 3.000 Gulden und einen Kammerherrn als Ehemann. Die junge Sopranistin verließ dennoch schnell das Land – und kehrte nie mehr zurück. In Württemberg geriet sie damit vollständig in Vergessenheit. Übrigens hatte sie einen Sohn mit dem Herzog, getauft auf den Namen Carl. Er wuchs in Württemberg auf, wurde auf der Hohen Karlsschule erzogen und machte militärische Karriere in dem Regiment, das im Auftrag der Holländer ans Kap der Guten Hoffnung, nach Ceylon und Java geschickt wurde.  Er heiratete schließlich in Java; die Literatur berichtet, dass dort noch Nachkommen leben, ebenso wie in den Niederlanden und in USA.

 

DIE BÜHNENKARRIERE GEHT WEITER

Caterina Bonafini blieb natürlich Sängerin, auch nachdem der Herzog sie aus seinem Schlafzimmer auf der Solitude geworfen hatte. In den nächsten zwei Jahren tourte sie erfolgreich an den italienischen Bühnen, sehr erfolgreich, so berichten die zeitgenössischen Besprechungen. Blickt man auf die Gagen, erkennt man: Sie gehörte zu den höchstbezahlten Bühnenkräften. In Turin beispielsweise erhielt sie mehr als das Doppelte eines anderen Solisten. Sie war die Primadonna. In Venedig zahlte man ihr mehr als 1.000 Zecchinen Gage für die kurze Karnevalssaison: Bonafini gehörte zur absoluten Spitzengruppe der Bühnenstars der Zeit.

 

KARRIERE AM ZARENHOF

Kein Wunder also, dass sie bald in den Fokus eines anderen hochkarätigen Hofes geriet: 1776 reiste sie über Warschau – hier gastierte sie von Februar bis Juli – an den Hof der Zarin Katharina. Im Herbst erreichte sie Sankt Petersburg. Ein Augenzeuge beschreibt sie: „Eine große, junge Frau, von etwa 23 Jahren, sehr schön, mit einer schönen Stimme und prächtigem Haar. Sie spricht ziemlich anständig Französisch, ihre Konversation ist angenehm.“ Im Oktober trat sie im Winterpalast der Zarin auf, in der Oper „Armida“ von Antonio Salieri. Der Anlass der Aufführung war die Hochzeit des Zarewitsch Paul mit der 17-jährigen Sophie Dorothee von Württemberg – die Nichte von Herzog Carl Eugen! Bis 1782 blieb Caterina erste Sängerin am Hof in Sankt Petersburg. 1783 besuchte sie den Badeort Spa im heutigen Belgien, begleitet von einem polnischen Grafen – ihrem Geliebten. Die Sopranistin war jetzt so reich und angesehen, dass sie zur Kur in das eleganteste Kurbad des 18. Jahrhunderts reisen konnte.

 

WIEDER IN ITALIEN

1785 kehrte sie nach Italien zurück. Die nun 34-jährige Sängerin trat eine Stelle am Hof des Herzogs von Modena an. Die Verbindung mit der Familie, während der Jahre an europäischen Bühnen unterbrochen, konnte sie wieder aufnehmen; ihr kultivierter Salon wurde ein Zentrum der Kultur in Modena. Vor der Jahrhundertwende heiratete sie wohl wieder: einen Kollegen, den sie aus Petersburg kannte, den Tanzmeister Giuseppe Canziani. Die beiden führten ein herrschaftliches Haus. 1826 starb Caterina Bonafini, hochgeachtet, in Modena: nach einer langen Karriere als Künstlerin, 54 Jahre, nachdem sie das kleine Württemberg verlassen hatte, und 33 Jahre nach dem Herzog, dessen Begleiterin sie fünf Jahre lang war.

 

Service
Öffnungszeiten Schloss Solitude

bis 31. März

Di–Sa 13.30 – 16.00 Uhr

So, Feiertag 10.00 – 16.00 Uhr

 

1. April bis 31. Oktober

Di – So, Feiertag 10.00 – 17.00 Uhr

 

Preis: Erwachsene 4,00 €, ermäßigt 2,00 €, Familien 10,00

Führungen stündlich. Sonntags 14.30 Uhr Familienführung

 

INFORMATIONEN
Schloss Solitude
Solitude 1
70197 Stuttgart
Telefon +49(0)7 11.69 66 99
info@schloss-solitude.de

Download und Bilder